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Messerattacke in Zug: Täter zu lebenslanger Haft verurteilt

15. Mai 2024

Im Januar 2023 hatte ein tödlicher Messerangriff in einem Regionalzug in Brokstedt in Schleswig-Holstein für Entsetzen gesorgt. Nun wurde im Landgericht Itzehoe das Urteil gegen den Angeklagten gesprochen.

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Ein Justizmitarbeiter blickt in den Gerichtssaal in Itzehoe
Blick in den Gerichtssaal in Itzehoe Bild: Marcus Brandt/Pool dpa/dpa

Im Strafprozess um die tödliche Messerattacke in  Brokstedt in Schleswig-Holstein hat das Landgericht Itzehoe den Angeklagten Ibrahim A. wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der 34-Jährige am 25. Januar 2023 in einem Regionalzug zwei Menschen erstochen und vier schwer verletzt hat.

Das Gericht verurteilte den Palästinenser auch wegen dreifachen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher sowie schwerer Körperverletzung. Zudem stellte die Große Strafkammer die Schwere der Schuld fest, was bedeutet, dass eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach 15 Jahren praktisch ausgeschlossen ist.

Auf der Zugfahrt von Kiel nach Hamburg hatte Ibrahim A. ein Küchenmesser gezogen und damit unvermittelt Fahrgäste angegriffen. Eine 17-Jährige und ihr 19 Jahre alter Freund starben. Vier weitere Fahrgäste wurden schwer verletzt. Der Täter wurde schließlich von Fahrgästen überwältigt. Die Tat sorgte weit über Schleswig-Holstein hinaus für Entsetzen. Ibrahim A. bestritt am Anfang der Verhandlung im Juli 2023 die Tat zunächst, räumte sie später aber ein.

Der Angeklagte wird in Handschellen von drei Beamten zu Beginn des Prozess im Juli 2023 zu seinem Platz im Gerichtssaal gebracht
Der Angeklagte wird zu Beginn des Prozess im Juli 2023 zu seinem Platz im Gerichtssaal gebrachtBild: Christian Charisius/dpa/dpa-POOL/picture alliance

Gericht folgt Forderung der Staatsanwaltschaft

Bei der Frage der Schuldfähigkeit folgte die Große Strafkammer dem Gutachten des Psychiaters Arno Deister. Der Professor hatte psychotische Symptome und eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei dem Angeklagten diagnostiziert, aber keine Psychose. "Ich sehe keine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit", hatte er gesagt. Auch liege keine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit vor. Das Gericht folgte mit seinem Urteil der Strafforderung von Staatsanwältin Janina Seyfert.

Die Verteidigung hielt dagegen den Angeklagten für psychisch krank und nicht schuldfähig. Der Verteidiger Björn Seelbach plädierte für einen formalen Freispruch und die Unterbringung seines Mandanten in der forensischen Psychiatrie. Für den Fall, dass die Strafkammer keine eingeschränkte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit sehe, forderte er eine Verurteilung zu zehn Jahren wegen Totschlags und schwerer oder gefährlicher Körperverletzung.  

Politische Debatte über Versäumnisse

Der Kriminalfall beschäftigte auch die Politik, weil es Versäumnisse beim Austausch von Informationen zwischen Behörden gegeben hatte. Ibrahim A. war im Gazastreifen aufgewachsen und den Erkenntnissen zufolge 2014 nach Deutschland gekommen. Er lebte zunächst in Nordrhein-Westfalen und zog später nach Kiel.

Bis wenige Tage vor der Tat hatte der Angeklagte wegen einer Körperverletzung in Hamburg in Untersuchungshaft gesessen. Dort und später in der Untersuchungshaft in Schleswig-Holstein war er als renitent aufgefallen. Mehrere Ärzte berichteten vor Gericht von der Verdachtsdiagnose eine Psychose. Am Tag des Angriffs war Ibrahim A. zu einem Termin bei der Ausländerbehörde nach Kiel gefahren. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft handelte er aus Frust.

kle/jj (dpa, afp, ARD)